Im neuen Disney-Film „Black Beauty“ spielt auch eine Merseburgerin mit. Wie Hanni Heinrich die Dreharbeiten in Kapstadt erlebte und warum Hollywood-Star Iain Glen eine „richtig coole Sau“ ist.

Von Janine Gürter

Eigentlich war ihr Traum von einer Disney-Rolle schon geplatzt. Denn nach zwei Casting-Runden zur Neuverfilmung von „Black Beauty“, dem Klassiker über das gleichnamige schwarze Wildpferd, flatterte Hanni Heinrich die Absage ins Haus. Die gebürtige Merseburgerin hatte für die Rolle der Mrs. Winthorp vorgesprochen, eine reiche Adlige, deren verwöhnte Tochter die Mustang-Stute grausam behandelt. Weil ihr Englisch beim Improvisieren aber nicht amerikanisch genug klang, flog sie raus. Irgendetwas an der 38-Jährigen mit der hellen Haut und der roten Mähne muss Regisseurin Ashley Avis am Ende jedoch überzeugt haben. „Eine Woche später haben sie mir doch noch eine Rolle angeboten.“ 

Glück im Unglück, wie sich herausstellt. Denn obwohl sie als Mrs. Gordon, der ersten Besitzerin Black Beautys, kaum Sprechtext hatte, bekam sie durch die neue Rolle deutlich mehr Drehtage im südafrikanischen Kapstadt. Und das gemeinsam mit echten Hollywood-Größen: „Game of Thrones“-Star Iain Glen und Mackenzie Foy, die bereits in Christopher Nolan’s „Interstellar“, „The Conjuring“ und der „Twilight“-Saga mitspielte und zuletzt im Disney-Film „Der Nussknacker und die vier Reiche“ die Hauptrolle übernahm.

„Black Beauty“ von Disney: Klassiker aus weiblicher Perspektive

Die Geschichte des wilden schwarzen Hengstes Black Beauty, das von seiner Herde getrennt und von Besitzer zu Besitzer weitergereicht wird, ist fast 150 Jahre alt. Der Roman von Anna Sewell spielte ursprünglich im England des 19. Jahrhunderts und ist noch heute ein Kinderbuch-Klassiker. Für die Disney-Verfilmung versetzte Regisseurin Ashley Avis den Stoff ins Amerika der Gegenwart und erzählt die Geschichte aus weiblicher Perspektive. Black Beauty ist nun eine Stute (in der Originalversion gesprochen von Kate Winslet) und aus dem Stalljungen Joe Green wird die 17-jährige Jo (gespielt von Mackenzie Foy).

Jo zieht nach dem tödlichen Autounfall ihrer Eltern zu ihrem Onkel – Pferdeflüsterer John Manley (Iain Glen). Dort schließen sie und Black Beauty eine enge Freundschaft, die sie ihr Leben lang begleitet.
„Die Regisseurin hat großen Wert darauf gelegt, dass viele Frauen an dem Film mitarbeiten“, sagt Heinrich. Mehr als die Hälfte der Crew war deshalb weiblich – immer noch eine Ausnahme in der männerdominierten Filmwelt. Und das hat auch den Dreh spürbar beeinflusst, meint die gebürtige Merseburgerin. „Am Set herrscht ja häufiger mal ein rauer Ton. Aber die Stimmung und der Umgangston hier waren total angenehm.“

„Black Beauty“-Dreh in Kapstadt: Bis zu 13 Stunden auf den Beinen

Sieben Tage lang war sie im November 2019 mittendrin in Hollywood – oder besser gesagt im Disney-Universum. Über 200 Menschen tummelten sich am Set in den südafrikanischen Weinbergen: Haupt- und Nebendarsteller, Maskenbildner, Kamerateam, Licht- und Tontechniker, Catering, Statisten. Es ist ihre erste Rolle in einer Kinoproduktion. Und das machte auch die Merseburgerin, die durchaus Filmerfahrung aufweist, nervös. „Natürlich war ich aufgeregt“, sagt Heinrich, „es wusste ja jeder, dass die Stars eingeflogen werden.“ Immerhin hatte die Merseburgerin einen Heimvorteil: Seit sechs Jahren lebt sie in Kapstadt, pendelt beruflich und privat zwischen Deutschland und Südafrika. Und für Nervosität oder Lampenfieber blieb am Ende sowieso nicht viel Zeit. 

Bis zu 13 Stunden ist sie jeden Tag auf den Beinen, früh um sechs holt sie der Shuttlebus ab, abends um sieben ist Drehschluss. Auch wenn die Drehtage streng durchgetaktet sind, auch Warterei gehört zum Alltag am Filmset dazu. „Du trinkst einen Kaffee, kommst in die Maske, ziehst dich um, und dann bist du auf Standby.“ Manchmal kann es Stunden dauern, bis sie vor der Kamera steht, bereit sein muss sie trotzdem jede Minute. „Du musst wie eine Maschine funktionen“, blickt die Schauspielerin zurück. „Da kann man nicht eben mal abdriften, weil es ja jeden Moment losgehen kann.“ 

Disney-Dreh: Kartenspielen mit Hollywood-Star

Nur in den Drehpausen kann sie wirklich entspannen. Dann kommt sie mit ihren Kollegen ins Gespräch, und eben auch mit „Game of Thrones“-Star Iain Glen. „Der ist eine richtig coole Sau“, sagt die Schauspielerin. In den Pausen spielt er mit Heinrich und „ihren“ Filmkindern Karten, gibt ihnen einen deutschen Spitznamen (oder zumindest, was er für deutsche Spitznamen hält): Stinkel Kinders. „Zuerst dachte ich: Der will bestimmt seine Ruhe haben. Aber er ist total entspannt und witzig.“ Und der 59-jährige Brite kennt sich in Kapstadt bereits gut aus. „Er hat hier fast jeden Abend die Sushi-Restaurants abgeklappert“, verrät Heinrich. Nur wenn er in einer Pause seinen breiten Cowboy-Hut ins Gesicht zieht, dann wissen Heinrich und ihre Kollegen, dass er lieber nicht gestört werden will. 

Mit Nachwuchsstar Mackenzie Foy wiederum sitzt sie jeden Morgen in der Maske  – und kommt schließlich an der Kaffeemaschine mit ihr ins Gespräch. „Sie war das erste Mal in Kapstadt und wollte eigentlich gar nicht mehr weg. Das Land und die Landschaft haben hier super gefallen.“ Foy ist 20 Jahre alt, für sie ist es bereits die zweite Hauptrolle in einem Disney-Film. Die junge Amerikanerin ist meist in ihren Text vertieft, erzählt die Merseburgerin, kommt in den Pausen aber auch mal auf einen Schwatz zum Team. „Ihre Mutter war auch dabei und ihr habe ich viele Tipps gegeben, was in Kapstadt sehenswert ist“, sagt Heinrich.  

„Black Beauty“: 20 Pferde in der Hauptrolle

Die größte Aufmerksamkeit beim Dreh bekommt aber wohl der tierische Star, Black Beauty. Mehr als 20 Pferde standen als Black Beauty in verschiedenen Altersstufen vor der Kamera, vom Fohlen bis zur ausgewachsenen Stute. Vier von ihnen spielten Beauty schließlich in ihrem zentralen Alter, um die einzelnen Tiere nicht zu überanspruchen und ihnen genügend Pausen zu geben. 

„Die größte Herausforderung für das Filmteam war die Kommunikation mit den Tieren“, verrät die gebürtige Sachsen-Anhalterin. Zehn Wochen hatten die Tiertrainer Zeit, um die Vollblutstuten, die allesamt frisch von der Rennbahn kamen, in Black Beauty zu verwandeln. Bei den Szenen ist im Hintergrund immer ein Tiertrainer mit dabei, der das Pferd aus der Ferne mit Hilfe von Körpersprache, Gerte und Stimme lenkt. „Zum Beispiel, wenn das Pferd nicken soll oder auf der Weide steigt.“ Der kleinste Fingerzeig kann so das Pferd dazu bringen, seinen Kopf zu drehen, erhobene Arme signalisieren ihm, rückwärts zu gehen. Die Trainingsmethode, so Regisseurin Ashley Avis in einem anderen Interview, setzt auf eine enge, zwanglose Verbindung zwischen Mensch und Tier. Die Pferde am Set hatten so buchstäblich die Freiheit, in dem Moment mitzumachen oder es sich anders zu überlegen.

„Black Beauty“ bekam Extensions für die Mähne

Neben dem Training durchliefen die tierischen Filmstars aber auch ein ziemlich aufwändiges Styling. „Black Beauty hatte ihr eigenes Make-up-Team“, erzählt Heinrich, „ich habe sogar Extensions für die Mähne und den Schweif gesehen.“ Vor jeder Einstellung wurde das Tier gestriegelt und gebürstet, bis die Mähne perfekt saß und das Fell glänzte. „Wie viel Aufwand da betrieben wurde, war schon faszinierend.“ Und auch Spezialeffekte kamen bei den Reitszenen zum Einsatz. „Bei manchen Szenen saß Mackenzie auf einer Attrappe und dem Pferd wurde dann in der Postproduktion nachträglich Leben eingehaucht.“ Welche das sind, verrät sie natürlich nicht.

Mähne sitzt, das Fell glänzt: Black Beauty (gespielt von mehreren Pferden) hatte ein eigenes Make-up Team am Set. (Disney)

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