Corona-Pandemie.

Die Corona-Pandemie hat inzwischen alle Kontinente erreicht. Wie erleben Menschen weltweit die Krise? Fünf Auswanderer aus Sachsen-Anhalt erzählen.


Von Janine Gürtler

Noch vor wenigen Monaten war all das undenkbar. Dass die Welt plötzlich still stehen würde wegen des Erregers Sars-CoV-2. Woche für Woche hat sich das Coronavirus über Kontinente hinweg verbreitet, Hunderttausende infiziert, Krankenhäuser gefüllt und ganze Städte geleert.

Wir lassen fünf Menschen aus Sachsen-Anhalt erzählen, wie sie die Pandemie trifft.

Gabriele Stephan (31) in New York, USA: “Die Lage ist sehr angespannt” 

Gabriele Stephan darf vorerst nicht in ihr Labor zurückkehren. (Foto: Janine Gürtler)

Gabriele Stephan lebt seit über einem Jahr in New York, dem Epizentrum der Coronakrise. Die 31-jährige Dessauerin forscht am NYU Langone Medical Center muss nun aber eine Zwangspause einlegen. 

In New York ist die Lage gerade sehr angespannt. Die Zahl der Infizierten steigt rasend schnell und viele New Yorker sind zur Zeit sehr nervös. Ich forsche am NYU Langone Medical Center an Hirntumorproteinen und bekomme durch die Arbeit im Labor zwar nicht alles, aber doch einiges mit, was in den Krankenhäusern generell und bei uns vor sich geht. Unsere Labore wurden aufgefordert, Schutzkleidung und Handschuhe zu spenden. Wir haben Gesichtsschutz für die Mitarbeiter im Krankenhaus gebastelt. Und ich habe mich als Freiwillige gemeldet, um im Labor zu helfen, etwa beim Testen von COVID19-Patienten und bei der Entwicklung von Therapiemöglichkeiten. Alle tragen Masken, alles wird laufend desinfiziert. Und viele Krankenhäuser im Staat New York haben einfach nicht genügend Betten und Beatmungsgeräte. 

Die Corona-Pandemie betrifft aber auch mich persönlich. Seit dem 20. März darf ich nicht mehr ins Labor, wer weiß wie lange. Das wirft mich um Wochen, wenn nicht gar Monate in meinem Projekt zurück. Natürlich ist das frustrierend, aber in Anbetracht der ernsten Lage relativiert sich das. Immerhin kann ich die Zeit nun nutzen, um zu recherchieren und eine Zusammenfassung zu schreiben. Vielleicht bin ich naiv, aber ich hoffe wirklich, dass in zwei, drei Monaten alles vorbei ist und ich wieder im Labor arbeiten kann. Wenn die Pandemie allerdings länger andauert, habe ich keine Ahnung, wie und ob es  weitergeht. 

Generell habe ich den Eindruck, dass derzeit jede helfende Hand benötigt wird. Aber es beeindruckt mich zu sehen, wie sehr der zwischenmenschliche Zusammenhalt in der Stadt überwiegt. Erschreckend ist für mich, in dieser Krisenzeit Donald Trump als US-Präsidenten zu haben. Ich kann es nicht fassen, dass er es dem Staat New York schwer macht, an Beatmungsgeräte zu kommen, die zur Zeit so dringend benötigt werden. 

Michael Kugler (51) in Vinaros, Spanien: “Für uns hat sich alles geändert”

Michael Kugler aus Halle und seine Partnerin Anne. (Foto: privat)

Michael Kugler aus Halle lebt seit zwölf Jahren in Spanien und erwartet mit seiner Partnerin Anne Zwillinge. Als Selbstständige in der Tourismusbranche trifft das Paar die Corona-Pandemie besonders hart.

Seit dem 13. März hat sich für uns alles geändert. An dem Tag hat Ministerpräsident Pedro Sánchez den Alarmzustand ausgerufen. Vorher war das irgendwie weit weg, unwirklich. Und dann war die Welt von heute auf morgen eine andere. Auf meiner Heimreise von Düsseldorf nach Vinaros saß ich in einem leeren Flieger nach Barcelona, alle blieben auf Distanz. Es fühlte sich sehr unwirklich, gespenstisch an. Erst da hat mich das Ganze mit voller Wucht getroffen. 

“Die Corona-Pandemie bedroht unsere Existenz.”

Michael Kugler

Die Corona-Pandemie bedroht unsere Existenz. Meine Partnerin Anne und ich arbeiten als Selbstständige in der Tourismusbranche. Ich bin Reiseleiter, Anne betreut Ferienhäuser und Wohnungen hier in Vinaros. Die Saison beginnt normalerweise im März, unsere Auftragsbücher waren gut gefüllt. Durch den Alarmzustand hat sich das erledigt, sämtliche Buchungen bis Ende April sind storniert. Weitere werden folgen. Im Klartext heißt das für uns: keine Einnahmen. Das trifft uns umso härter, da wir die Winterpause von November bis März von Erspartem leben. Und die Rücklagen sind mittlerweile aufgebraucht. Und Anne ist schwanger, wir erwarten Zwillinge. Ich mache mir große Sorgen, wie es weitergeht. 

Auch das Leben hier hat sich verändert. Vinaros ist eine Stadt an der Costa Azahar mit rund 30.000 Einwohnern. Es gibt immer noch viele Menschen in der Stadt, meist sind die aber allein unterwegs, fast alle tragen Masken. Und es ist still. Vorher war hier immer viel los, es war immer laut. Jetzt sind alle Bars und Restaurants geschlossen, es fehlen die Gespräche auf den Terrassen und das Geklimper der Kaffeetassen…

Auf Seite 2 weiterlesen: “Es macht einem Angst, die ganze Welt im Lockdown zu sehen.”